Interview mit Jakob von Easy Tattoo – Seit über einem Jahrzehnt in der Szene
Jakob ist seit mehr als zehn Jahren als Tätowierer aktiv – mit einem klaren Blick für Qualität, künstlerischem Anspruch und echtem Gespür für seine Kundinnen und Kunden. Im Interview spricht er über seine Anfänge, seinen Weg zur Selbstständigkeit, aktuelle Tattoo-Trends und warum für ihn technische Sauberkeit wichtiger ist als jeder Hype.
Wie hast du deinen Weg ins Tätowieren gefunden?
Ich habe schon immer gerne gezeichnet – die klassische Geschichte also. So zwischen 12 und 14 habe ich dann mein erstes Interesse fürs Tätowieren entwickelt und angefangen, eigene Designs zu zeichnen. Ich habe auch zuhause ein bisschen herumprobiert. Damals war es ohne Gewerbeschein schwierig, an Material zu kommen. Ich habe dann zwei verschiedene Ausbildungen gemacht.
Für Freunde habe ich dann fortlaufend Designs entworfen, die sie sich dann von professionellen Tätowierern stechen ließen. Das Zeichnen hat mich nie losgelassen – ich habe viele Flyer für Punk-Konzerte gestaltet und andere Dinge in der Szene.
Mit 25 habe ich dann einen neuen Versuch gestartet, war aber noch in der Ausbildung zum Kinder- und Jugendsozialpädagogen und habe auch in dem Bereich gearbeitet. Ich habe dann klassisch nach einer Lehrstelle gesucht – jemanden, der mich zum Tätowierer ausbildet. Und so hat es begonnen.
Mit welchem Tattoo-Stil hast du damals angefangen?
Ich habe mit Neo-Traditional angefangen und dann auf Oldschool bzw. Traditional umgestellt, weil das der Stil war, der mich am meisten beeindruckt hat wenn ich das gesehen habe.
Seit ich in Wien bin, arbeite ich eigentlich nur noch im Traditional Stil, habe aber auch andere Elemente einfließen lassen – etwa Surrealismus und psychedelische Komponenten. Die Inspirationen kommen aus vielen Quelle .
Die Basis ist nach wie vor Traditional. das ist tätowiertechnisch haltbar und langlebig aufgebaut, dass dann mit künstlerischer Freiheit, gepaart...
Dass sich der Stil weiterentwickelt, finde ich gut.
Warst du von Beginn an selbstständig tätig?
Nein. In Deutschland war ich kurz selbstständig, dann kurz angestellt. Als ich wieder nach Österreich gekommen bin, habe ich mich selbstständig gemacht – und das bin ich jetzt seit etwa zehn Jahren.
Seit wann gibt es dein Tattoo-Studio?
Das Studio habe ich seit 2021 und wir sind seit eineinhalb Jahren am Standort in der Strozzigasse 3/a im 8. Bezirk in Wien.
Wer gehört aktuell zu eurem Team im Studio?
Neben mir arbeiten noch drei Tätowierer:innen bei uns – auf Freelance-Basis, aber wir sind ein fixes Team. Sarah, Max und neu dabei: Freddie.
Max und ich tätowieren im American Traditional Stil und lassen uns von asiatischen Motivwelten ebenso inspirieren. Sarah deckt Anime, Realismus und Fineline ab. Freddie konzentriert sich ebenfalls auf Fineline, Schriften, Ladyheads etc.
Ich selbst übernehme auch japanische Projekte, Sleeves und Cover-ups. Letztere sind besonders gefragt, weil viele Menschen mit ihren Tattoos unzufrieden sind und sich eine professionelle Überarbeitung oder Auffrischung wünschen. Auch große Projekte gehören bei mir dazu.
Wie läuft das bei euch mit Terminen und Walk-ins ab?
Walk-ins werden bei uns aufgeteilt, weil ich meistens schon ausgebucht bin und dadurch oft keine Kapazitäten mehr habe. Kann aber gut sein, dass ich mal eins mache. Es hängt davon ab, wer gerade Zeit hat.
Walk-ins sind während unserer Öffnungszeiten immer möglich – einfach vorbeikommen oder vorher anrufen bzw. per WhatsApp schreiben. In der Regel ist immer jemand da, der verfügbar ist.
Wie lang ist die Wartezeit, wenn man bei dir einen Termin will?
Im Normalfall etwa 1–3 Monate. Ich arbeite sehr effizient – handgroße Motive schaffe ich in 1–2 Stunden. Fineline dauert ein bisschen länger – aber ganz ehrlich: Zeit ist nur einer von vielen Faktoren, das Endresultat zählt.
(Bezieht sich auf ein Beispiel-Tattoo): Das hier habe ich freehand aufgemalt, insgesamt hat es mit Aufmalen zweieinhalb Stunden gedauert. Nur die reine Tattoozeitohne Vorbereitung.
Wie funktioniert eure Preisgestaltung?
Jede:r bei uns handhabt das ein wenig anders. Ich orientiere mich eher an der Motivgröße und dem Aufwand, je nach Körperstelle variiert der Preis dann.
Einen reinen Stundenpreis mache ich nicht. Bei Rücken oder Sleeves gibt’s dann Tagestermine, das rechne ich anders ab. Wir orientieren uns preislich am Markt – das ist sinnvoll. Wir sprechen uns auch intern ab.
Welche Leute schickt ihr wieder weg?
(lacht) Rechtsradikale.
Welche Tattoo-Stile macht ihr nicht – oder nur ungern?
Wenn ich weiß, dass ein Tattoo auch nach ein paar Jahren noch gut aussieht, kann ich dahinterstehen. Sonst mache ich es nicht.
Wir versuchen aber, die meisten Anfragen umzusetzen. Aber ich bin überzeugt: Man kann die meisten Motive technisch gut umsetzen.
Ein Porträt auf dem Finger zum Beispiel ergibt aber einfach keinen Sinn.
Wie sind deine Pläne für die nächsten Jahre?
Wachstum immer nur proportional zu dem, was gefragt bzw. benötigt wird. Mir geht’s nicht ums Geld. Ich will ordentliche Tätowierungen machen. Und ich will, dass das Studio ein Ort ist, wo sich sowohl die Mitarbeiter:innen als auch die Kundinnen und Kunden wohlfühlen und mit etwas Gutem rausgehen. Das ist mein Hauptziel.
Ich möchte mich künstlerisch weiterentwickeln, niemals stehen bleiben. Ich habe schon die besten Kunden und Kundinnen – jetzt will ich einfach weiterhin Projekte machen, die mich herausfordern.
Das „Arschgeweih“ – ist das wirklich wieder im Trend?
Das ist schon länger wieder da. Max hat neulich eines bei einer Dame um die 50 gestochen. Wenn es Sie glücklich macht – why not? Geschmack ist nun mal individuell! Auch die neue Generation hat das klassische 90s Tribal wieder für dich entdeckt.
Welche Tattoo-Trends beobachtest du gerade?
Touristinnen und Touristen wollen oft „Vienna waits for you" – Billy-Joel-Spruchzeilen. Sonst muss man nur ins Netz schauen, dann weiß man, was der Mainstream ist.
Was mich betrifft: Im Bereich Traditional ist noch viel Entwicklungspotenzial – hin zu abgespacten, weirderen und schrägeren Sachen, was ich super finde. Wir sind da in Österreich noch etwas hinterher in der Offenheit und kreativen Entwicklung, so wie es in den USA oder Australien der Fall ist. Da wird noch einiges kommen.
Bringen Kundinnen und Kunden ihre Tattoo-Designs mit?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Beim Custom Design bringen die Kundinnen und Kunden eine Idee – und ich mache es im Rahmen meiner Möglichkeiten und der langjährigen Haltbarkeit. Wenn etwas gar nicht zu mir passt, empfehle ich jemanden weiter. Meistens melden sich aber eh nur Leute bei mir, die wissen, was ich mache. Manche bringen eine konkrete Vorstellung mit oder ich poste Flash-Designs – also Wanna-Dos. Früher hingen diese Vorlagen an den Wänden, heute ist der Begriff „Wanna-Do“ dafür geläufig und vielen verständlich.
Was möchtest du Menschen mit auf den Weg geben, die sich ein Tattoo stechen lassen wollen?
Sucht euch gut aus, wo ihr euch tätowieren lasst. Schaut euch an, wie die Tattoos verheilt aussehen – wenn sie nicht mindestens genauso gut aussehen wie im Instagram Profil, zu hell oder zu blass sind, dann lieber nicht machen lassen. Technisch muss es einfach sauber gearbeitet sein. Rennt nicht dem letzten Hype hinterher, es bleibt länger, Interesse ändern sich und Geschmack auch. Aber man will ja nicht altbacken sein, You do you… :)
Was war die wildeste Tattoo-Anfrage in letzter Zeit?
Ein Typ hat uns mal ein KI-bearbeitetes Bild vom Intimbereich seiner Freundin geschickt und gefragt, ob wir das tätowieren würden. Auf unsere Rückmeldung – Funkstille.
Hier gehts zur Website von Easytattoo.